Liebe Leser*innen,
in dieser FORUM-Ausgabe liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Housing First, also dem Recht auf bedingungsloses Wohnen –auch und gerade für junge Menschen. Da die Zahl minderjähriger „Straßenkinder“ in Deutschland nach wie vor auf etwa 6.500 geschätzt wird – rechnet man die volljährigen jungen Menschen ohne Wohnung dazu, liegen die Zahlen weit höher –, werden dringend Konzepte und Maßnahmen gebraucht, diese auch rechtlich nicht haltbare Situation schnell und nachhaltig zu verändern. Die zentrale Idee hinter Housing First: jede*r – auch Kinder, Jugendliche und junge Volljährige – hat das unbedingte Recht, verlässlich zu wohnen, erst einmal unabhängig vom Erreichen möglicher erzieherischer Ziele und entsprechender Mitwirkungsanforderungen. Und – erst wenn dieses Recht umgesetzt ist, können andere Veränderungs- und Entwicklungsziele erfolgversprechend in Angriff genommen werden.
Eine Besonderheit in diesem FORUM ist, dass es zum ersten Mal seit dem Heft 1/24 keine eigene Rubrik Perspektiven junger Menschen gibt. Erfreulicherweise können wir in dieser Ausgabe so viele unterschiedliche Beiträge von jungen Menschen veröffentlichen, dass wir entschieden haben, diese in die unterschiedlichen Rubriken miteinzuflechten und keine gesonderte Perspektive junger Menschen aufzuführen. Wir haben den Anspruch, junge Menschen als Expert*innen ihrer Lebenswelt ernst zu nehmen, sie anzuhören und Diskurse mitbestimmen zu lassen. Auch in Zukunft möchten wir einen Diskursraum gestalten und bereitstellen, der jungen Menschen ermöglicht und sie dazu motiviert, mitzudiskutieren und Forderungen zu stellen.
Zu Beginn dürfen wir die zwei Songtexte Draußen und Schwarz (und im weiteren Verlauf noch einen weiteren, nämlich Systemsprenger) von Nike 04 abdrucken, Nike 04 ist eine junge Rapperin aus Hamburg, die sich in ihren Texten mit ihren Erfahrungen in der Kinder- und Jugendhilfe auseinandersetzt und über das Schreiben mitteilt, wie sie die Zeit „auf der Straße“ erlebt und empfunden hat.
Shrot Or beschreibt in dem Interview unter der Überschrift „Und plötzlich auf mich gestellt, ohne Wohnung und ohne Geld ...“, wie er aufgewachsen ist und welchen Einfluss unterschiedliche Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen und Sozialpädagog*innen auf sein Leben hatten.
Im Beitrag Wie erleben junge Menschen Situationen des Nicht-Wohnens? von Prof. Dr. Frank Sowa und Dr. Nora Sellner kommen junge Menschen im Rahmen eines Forschungsprojektes zu Wort.
Dr. Bange setzt sich aus Perspektive der Fachbehörde mit den Forderungen der AG Wohnungen für Straßenkinder auseinander und bietet ausdrücklich den Dialog in Hamburg an, um entsprechende Schritte schnell gemeinsam einzuleiten.
Ove Hasselhorst betrachtet aus der Perspektive eines Sozialarbeiters in seinem Artikel Junge Menschen im öffentlichen Raum den Ort Straße und stellt sich die Frage, wie öffentliche Räume eigentlich von jungen Menschen genutzt, angeeignet und gebraucht werden.
Im Namen des Basement-Teams beschreibt Lisa Hagemeister in dem Text DAS BASEMENT – Der Prozess zu einem selbstorganisierten und ehrenamtlich gestalteten Jugendcafé, was es alles braucht und welche inhaltlichen Konzepte umgesetzt werden, um ein selbstorganisiertes Jugendcafé von jungen Menschen für junge Menschen zu schaffen.
Weitere Texte in dieser Ausgabe sind beispielweise der Artikel Auf dem Dachboden eines Nachbarn oder dem Sofa der Freundin ... Zur Bedeutung einer zuverlässigen Postadresse in prekären Lebenslagen vom Team Jugendberatung Apostelkirche, Hannes Berndsen mit dem Beitrag „Das sind einfach nur so Jugendscherze“ – Grenze(n) gut, alles gut? Zur Funktionsweise rassistisch konnotierter Humorpraktiken jugendlicher Menschen.
Am Ende dieser Ausgabe lesen Sie unter der Überschrift: „Wie wollen Sie die Offene Arbeit stärken, damit diese nicht im Sozialen Arbeitsfeld marginalisiert wird?“ die Antworten der Hamburger Jugend-Politiker*innen Silke Seif (CDU), Michaela Jašová (LINKE), Lena Schwarzer (GRÜNE) und Uwe Lohmann (SPD) auf die Fragen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit.
An dieser Stelle möchten wir außerdem alle Abonent*innen und Leser*innen des FORUM darüber informieren, dass in der Geschäftsstelle des VKJH und der Redaktion der Fachzeitschrift aufgrund von Krankheitsausfall und Personalveränderungen aktuell vieles in Bewegung ist. Möglicher Weise kommt es deshalb zu kleinen Abweichungen im redaktionellen Ablauf und der nächsten Ausgabe.
Wir wünschen eine gute Auseinandersetzung und aktivierende Impulse mit dieser Ausgabe.
Fabienne von Hohenthal, Manuel Essberger sowie Anja Post-Martens, Vera Koritensky, Esther Brandt und zum letzten Mal an dieser Stelle Bente Varlemann
Das Editorial als PDF findet ihr hier und das Inhaltsverzeichnis hier.